Wie du mit weniger Gear mehr rausholst, Geld sparst und dabei auch noch besser wirst

Vielleicht hast du einige Leute in deinem Bekanntenkreis, die gerne Zeugs kaufen und dabei zur Hochform auflaufen, wenn es darum geht, einen passenden Grund dafür zu (er-)finden, warum sie dieses neue Teil unbedingt “brauchen”. Wenn du genau hinschaust, entpuppt sich der Grund nicht selten als Ausrede: es geht gar nicht ums “brauchen”, sondern ums bloße “wollen”.

Das ist prinzipiell nicht zu bewerten: wenn das Geld da ist und die Anschaffung Freude bereitet – warum nicht?

Vorsicht vor der gefährlichen Verwendung des Begriffs “brauchen”!

Neben dem Einsatz des Wortes “brauchen”, um das eigentliche “wollen” zu entkräften, gibt es aber noch eine andere Verwendung, die fatale Auswirkungen haben kann.

Die meisten Hobbymusiker nämlich denken bzw. glauben, dass sie bestimmtes Equipment brauchen – und sitzen damit einem weitreichenden Irrtum auf!

Was früher mit Katalogen super funktionierte, hat im Internet nichts vom Effekt eingebüßt: die appetitlich dargestellte Suppe aus Informationen, die dir den Mund wäßrig macht, ohne dass du wirklich weißt, was die Zutaten im Einzelnen bewirken.

Und ehe du dich’s versiehst, verführt dich die schmackhafte Darstellung zu dem Glauben, dass du, um etwa dein Schlagzeugspiel aufzunehmen, unbedingt den besten Computer brauchst UND Logic Pro UND die neueste Version von Superior Drummer UND alle optionalen Plugins UND ein hochklassiges E-Drumset sowieso.

Gerade, wenn du Anfänger bist oder nicht beständig und regelmäßig Zeit hast, dich mit der Materie gründlich auseinanderzusetzen, sorgt diese schmackhafte Darstellung dafür, dass du den Blick fürs Wesentliche ganz schnell verlierst, alles auf einmal anschaffst und dir dabei den Magen verdirbst.
Denn alle eben genannten Beispiele sind hochprofessionelles Equipment, das dazu benutzt wird, kommerziell produzierte Musik herzustellen, die du im Radio, im Kino, in Games usw. wiederfindest.

Das bedeutet, dass jedes Stück Equipment für sich genommen schon wahnsinnig umfangreich und äußerst komplex ist. Alles im Verbund arbeiten zu lassen, ist eine Herkules-Aufgabe: du musst dir durch den extrem dichten Funktions-Dschungel einen Weg schlagen, der dich zum gewünschten Ergebnis führt. Ein ums andere mal wirst du mit Umwegen konfrontiert werden. Und der Weg, den du endlich freigemacht hast, ist wahrscheinlich sehr kurvenreich und alles andere als ideal.

Dazu kommt, dass du schnell aufgeschmissen bist, wenn du nur mal einen falschen Knopf gedrückt oder irgendetwas angeklickt hast, das dich zu einem Display führt, das du vorher noch nie gesehen hast und mit dem du nichts anfangen kannst. Du bist dann von deinem eh schon hakeligen Weg abgekommen und findest nicht mehr ohne Weiteres zurück.

Die große Gefahr liegt darin, dass du nach einigen Versuchen entnervt aufgibst oder dich mit sehr mäßigen Ergebnissen zufrieden (oder besser: geschlagen) gibst, weil das alles zuviel ist und sich mitnichten nach spaßiger Kreativität anfühlt.

Dabei gibt es einen viel einfacheren und effektiveren Weg…

Lege das richtige Fundament und baue deinen Gear-Park Stück für Stück auf

Wenn du den Großen Rundflug über das Gebiet der E-Drums gelesen hast, bist du mit dem Prinzip der Start- und Landebahn vertraut: du musst sowohl genau formulieren, wo du jetzt stehst (Geld-Situation, Zeit-Situation, örtliche Situation usw.), als auch auf den Punkt bringen, wo du hin willst (was genau du machen und erreichen willst). Das ist deine Messlatte, an der sich jegliches Equipment messen muss. Im Buch geht es dabei um die Anschaffung eines E-Drumsets, aber das Prinzip gilt für alle Bereiche!

Bleiben wir also beim Beispiel der Aufnahme deines Schlagzeugspiels. Es ist wichtig, dass du Start- und Landebahn genau absteckst. Wenn dein Ziel (deine Landebahn) so aussieht, dass du deine Aufnahmen in hoher Qualität machen willst, sie nachträglich evtl. korrigieren und dann mit tiefgreifender Bearbeitung soundmäßig richtig groß “aufblasen” willst, dann liegt die Vermutung nahe, dies mit mehr “ordentlichem” Gear besser umsetzen zu können.

Passt deine Startbahn zu dieser Vermutung?

Wenn deine Ausgangssituation nämlich so ist, dass du in Sachen Aufnahmen machen (noch) ganz am Anfang stehst, dann wird dich mehr Gear nicht nur nicht weiterbringen, sondern dich sogar ausbremsen. Du kommst nicht drum herum, deine ersten Erfahrungen mit den Grundlagen zu machen! Du musst das Thema also eher wie ein neues zu erlernendes Instrument betrachten: die ersten Bewegungsabläufe, die ersten theoretischen Grundlagen, das erste Herumspielen, um die Theorie in die Praxis zu führen. (Es heißt aus gutem Grund “ein Instrument spielen“!)

Der richtige Weg zum Gear-Park unterteilt sich in diese drei Etappen:

  1. Finde heraus, ob dein vorhandenes Equipment bereits Funktionen bietet, mit denen du machen kannst, was du machen willst.
  2. Setze dich mit den Funktionen so weit wie möglich auseinander, bis du sie beherrscht – und auch die Defizite kennst!
  3. Überprüfe erneut deine Start- und Landebahn und schaue dich erst dann ggf. nach weiterem Gear um, welches deiner persönlichen Messlatte besser entspricht.

Für das Beispiel Aufnahmen könnten die Etappen so aussehen:

Etappe 1: Finde heraus, ob dein vorhandenes Equipment bereits Funktionen bietet, mit denen du machen kannst, was du machen willst

Dabei geht es nicht nur um die Theorie. In der Praxis wirst du schnell feststellen, dass an allererster Stelle dein Schlagzeugspiel als solches steht. Für eine gute Aufnahme ist es zunächst absolut elementar, dass du fehlerfrei spielst, groovst, das Tempo hältst und die Dynamik im Griff hast. Übe und könne also das, was du aufnehmen willst, und zwar vor der Aufnahme. (Du siehst: an dieser Stelle der Etappe spielt Equipment noch gar keine Rolle.)

An zweiter Stelle steht ein Phänomen, das die allermeisten Musiker heimsucht – selbst hartgesottene Profis. Du bist entspannt, selbstsicher und locker – aber sobald der Aufnahmeknopf gedrückt wird, kommt die Adrenalindusche, Schnappatmung setzt ein, und deine geistige Verbindung zum Himmel der Musik ist schlagartig gekappt. Mit jedem Takt wird es schlimmer; “endlich” einen Fehler zu machen während der Aufnahme, scheint geradezu wie eine Erlösung… (Und auch dieser Aspekt hat noch gar nichts mit Gear zu tun.) Du musst lernen, mit diesem Phänomen umzugehen, damit du nicht jede Aufnahme versaust. (Die beste Methode: ca. 1 Million Aufnahmen machen…)

Erst jetzt ist dein vorhandenes Equipment an der Reihe. Viele E-Drums bieten heutzutage wenigstens rudimentäre, teils auch komplexere Möglichkeiten, dein Schlagzeugspiel als Aufnahme festzuhalten. Auch, wenn du vorher schon Aufnahmen gemacht hast, dabei aber eher durch einen steinigen Weg gestolpert bist, ohne eine Orientierung zu haben: scheue dich nicht, dich als “Anfänger” zurückzustufen und die Dinge von Anfang an geordnet anzupacken! Es kann nicht oft genug betont werden: nur, wenn dein Fundament solide ist, kannst du vernünftig darauf aufbauen.

Übrigens: Ein rudimentäres Gerät nimmt dir große Hürden. Es erledigt die Kernaufgabe und erschlägt dich nicht mit komplexen Funktionen und aufwendiger Bedienung. Ziehe die Bedienungsanleitung heran und setze, was dort steht, direkt um, Stück für Stück. Lerne dein Gerät genau kennen.

Etappe 2: Setze dich mit den Funktionen so weit wie möglich auseinander, bist du sie beherrscht – und auch die Defizite kennst!

Sobald du also die wenigen Handgriffe blind beherrschst, mit denen du eine Aufnahme startest, stoppst, speicherst und löschst, kannst du dich an deine erste gute Aufnahme machen. Jetzt ist es an der Zeit, die vorhandenen Funktionen nacheinander komplett auszuloten. Diesen Schritt solltest du keinesfalls auslassen! Du kommst auf diese Art und Weise nämlich nicht nur darauf, was mit deinem vorhandenen Equipment alles geht, sondern du findest möglicherweise auch heraus, welche Funktion(en) dir noch nützlich wären – die dein Gerät möglicherweise leider nicht hat. Ein hervorragendes Kriterium für deine spätere Suche nach besserem Equipment!

Etappe 3: Überprüfe erneut deine Start- und Landebahn und schaue dich erst dann ggf. nach weiterem Gear um, welches deiner persönlichen Messlatte besser entspricht

Nach deiner 2. Etappe sollte sich zumindest deine Startbahn verändert haben. Du bist nun mit einigen Funktionen vertraut und solltest keine Zeit mehr vergeuden müssen mit “Wie war das nochmal?”, wenn du eine Aufnahme machen willst.

Vielleicht hat sich aber auch auf deiner Landebahn etwas getan. Veränderte Ziele aufgrund gelernter Vorgänge und gemachter Erfahrungen sind keine Seltenheit. Zur Erinnerung: du hattest vorher gedacht, dass du etwas bestimmtes brauchst. Mit dem neuen Wissen kannst du über das Gedachte reflektieren und neue Erkenntnisse gewinnen.

Du bist auf jeden Fall bereits besser geworden – Herzlichen Glückwunsch!

Nun kannst du dich an weiteres Equipment wagen. Bleibe dabei stets bedächtig und setze dir grundsätzlich zum Ziel, dein neues Zeug zuerst möglichst gut in dem Bereich kennenzulernen, in dem du arbeiten willst.
Ein einziges weiteres Gerät kann nämlich bereits eine Menge Lern-Arbeit nach sich ziehen. Das liegt daran, dass heutzutage nicht mehr nur die professionellen Werkzeuge über eine (Un-)Menge an Funktionen verfügen und komplexeste Vorgänge erlauben. Denke einmal daran, was dein Smartphone alles kann – und was davon du wirklich effektiv nutzt…

Zurück zur Aufnahme deines Schlagzeugspiels. Zum Beispiel besitzt du Roland V-Drums, etwa ein Roland TD-17-Set. Das Modul hat ein eingebautes Interface, mit dem du dein Spiel digital an einen Computer oder ein iPad übertragen kannst. Dies verspricht ein komfortableres Aufnehmen mit mehr Möglichkeiten der Bearbeitung.

Als Besitzer eines Apple Mac oder eines Apple iPad kannst du auf die bereits enthaltene Software Garage Band zurückgreifen, um deine Aufnahmen zu machen. Und genau das solltest du tun, bevor du darüber nachdenkst, Geld für ein großes Programm wie Logic auszugeben. (Das gilt natürlich auch für die Windows-Pendants.)

Und plötzlich hast du gleich drei neue Baustellen:

  • einen Computer, den du zumindest so gut bedienen können musst, dass du die richtigen Einstellungen für einen reibungslosen Aufnahmevorgang machen kannst
  • das digitale Interface deines E-Drum-Moduls, das du mit dem Computer verbinden und dafür sorgen musst, dass sich die Geräte “verstehen”
  • die Software, die du wenigstens so bedienen können musst, dass sie wiederum das Interface erkennt und du die Funktionen Start, Stop, Speichern und Löschen beherrscht.

Auch hier greifen wieder die drei Etappen. Hast du diese gemeistert, dann stellst du möglicherweise fest, dass ein weiteres Aufstocken deines Equipments bis auf Weiteres gar nicht nötig ist. Denke immer daran, dich zuerst zum Piloten über dein vorhandenes Equipment zu machen, bevor du auf andere Maschinen umsteigst. So vermeidest du, dich selbst zu überfordern!

FAZIT

Der bekannte Spruch “Weniger ist mehr” hat seine Berechtigung – das gilt nicht nur für dein Equipment! Du tust grundsätzlich gut daran, mit so wenig wie möglich zu beginnen, die Möglichkeiten kennenzulernen und auszuloten und dein Gear zu beherrschen, bevor du deinen Park erweiterst.

Das gilt übrigens auch für das Schlagzeug selbst: weniger Trommeln und Becken bieten zumindest anfangs mehrere Vorteile. Du kannst nämlich besser mit dem Platz umgehen, um dein Set perfekt aufzubauen, weil es weniger bis gar keine Engpässe aufgrund zu vieler Instrumente gibt. Darüber hinaus kannst du schneller ans Ziel kommen, deine Instrumente blind zu treffen; schließlich musst du dich beim Üben auf nur wenige Treffpunkte konzentrieren.

Wenn du diese Basics beherrschst, steht einer stückweisen Erweiterung deines Drumsets nichts mehr im Wege. Und wenn aufgrund deiner Erfahrungen und Erkenntnisse sich deine Landebahn so verändert hat, dass du mit deiner Situation bereits absolut zufrieden bist – umso besser!

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